Starke Frau: Ester übernimmt die Führung
Ester Berlin sagt über die starke Frau: „Frauen fühlen ihre Schamlippen. Genauso getrennt wie verbunden sind diese Labien. Alle Zeit sind sie beieinander. Darum liegen sie als wundervolles Tor zum Lebens allem vor, was die Erde je betritt. Somit ist es die Klitoris, welche die Frau zum solidarischen und mächtigsten Geschlecht erhebt. Die Schamlippen sind es, lieber Otisse! Um deren Willen kann nur eine Frau eine Frau aufrichtig lieben!“
Ester Berlin schleuderte diese Sätze zu ihrem Verehrer Claude Otisse hinüber. Sowie einst David den Stein gegen Goliath schoss. Soeben kauten wir noch vergnügt Zwiebelkuchen mit Speck und ganz viel Kümmel. Dazu schluckten wir Neuen Wein, Gottbier und Kaffee mit Milch, aber ohne Zucker. Doch dann näherte sich Ester. Durch den Obstgarten schritt die hohe und sportliche Frau in gerader Linie zur Geistlichen Hütte hin. Damit war unsere friedliche Runde zu Ende.
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Svetlana als gehorsame Novizin
Ferner hin, für mich durchs große Fenster gut zu erkennen, unterm herbstlich entlaubten Birnbaum, kauerte die rote Perücke von Terroristin Svetlana zur sorgsam bedeckten Brust. Dort unten wartend, am rauen und schiefen Birnenstamm, erwies Svetlana ihrer neuen Freundin Ester den gebotenen Respekt. Denn Svetlana ist Novizin. Während Ester die designierte Leiterin der Geistlichen Hütte ist. Dort wartete sie sehnlich und geduldig zu gleich auf Esters Ruf.
Träume von Mutter und Goethe
Desöfteren liege ich nachts halb wach, halb schlafend zwischen Wirklichkeiten aus bunter Trance. Schwirrende Schatten fallen aus der Sonne, der blaue Mond verteilt lächelnd alte Kamellen an die Sternenkinder. Mein verschwitztes Bett schwimmt in den Baumkronen des Pfälzer Waldes. Dort beten rot gefärbte Mädchen mit gefalteten Händen das kleine Einmaleins.
Bei den mächtigen Eichen am Frankfurter Kreuz bei Eppenbrunn sehe ich dann den jungen Goethe voller Hoffnung und Liebesgedichte nach Sesenheim ziehen. Meine Mutter begleitet den Herren-Poet mit Kittelschürze um den Körper und dem Waschlappen in der Hand. Dann geht sie gebieterisch auf mich zu. Während mein Bett sanft vor ihr und Goethe in den Moosen landet, richte ich mich auf und entblöße mich. Dann wäscht sie mich mit festem Griff und leuchtenden Augen. Alldieweil der junge Dichter wartend sein gebrochenes Röslein sieht. Es mag schöner und Tag aus Diamanten werden.
Starke Frau: Der Phallus und die politische Kastration
„Ab jetzt wird Svetlana bei mir in der Hütte schlafen. Darum musst du dein Nachtlager zu unseren Füßen auf dem Boden bauen!“ Claude Otisse erschrak über den strengen Worten Ester Berlins. Denn sie duldete keinen Widerspruch. Auch wenn er zuckte und mit offenem Mund zu ihr aufsah, folgte er ihrem Gebot: „Hose runter!“ Nachdem Otisse seine intime Nacktheit offenbarte, öffnete Ester das Fenster zum Obstgarten und rief Svetlana herbei. Die ehemalige Terroristin trat gehorsam in die Geistliche Hütte und stellte sich neben Ester und den großen Eichentisch.
Die beiden Frauen prüften und begutachteten gründlich Otisses schlaffe Blöße. Danach verhängte Ester den Bann. Fortan untersagten ihm die Frauen jegliche sexuelle Betätigung. Es sei denn, sie hätten die zuvor erlaubt. Der einsam aufgerichtete Penis sollte Otisse nie mehr verleiten, sich größer, mächtiger und herausragender als andere zu fühlen. „Ab heute bist du mein Diener“, sagte Ester. Otisse sah mich noch immer erschrocken schweigend mit fragendem Blick an. Aber ich schwieg. Denn ich bin schließlich nur der Berichterstatter und froh, wenn sie mich mit solchen Dingen verschonen.
Ester Berlin duldet keinen Widerspruch
„Aber was wird aus meiner Arbeit und meiner Wohnung?“ Auch das hatten die Frauen bereits entschieden, während sich Otisse noch mit der Frage quälte, ob er fest in die Kolonie einziehen soll oder nicht. „Deine Chefin und Vermieterin wird dich frei geben, Otisse.“ Ester teilte dem hilflos dreinblickenden Otisse mit, dass er seinen Arbeitsplatz kündigen und die Wohnung in Karlsruhe aufgeben muss, wenn er mit ihr zusammen sein will. Otisses Aufgabe wird es von nun an sein, sich alleine Esters Wünschen und Bedürfnissen zu widmen. „Ab jetzt zählt das Miteinander“, sagte die starke Frau Ester verheißungsvoll.
Bericht: Fetthans Pirmasens
Digitale Bilder: Scharfschütze