Umzug: Ester Berlin kommt nach Pirmasens
Es ist ein großer Umzug. Weshalb sich diese Frau aus Berlin um die Aufnahme in der Pirmasenser Kolonie bewirbt? Deswegen bewirbt sie sich: Glaube, Liebe Hoffnung. Genau aus diesen drei genannten Gründen. Deshalb hat sie ihre Wohnung am Alexanderplatz verkauft und den Erlös der Kolonie gegeben. Die geheimnisvolle Frau nennt sich Ester. Ja. Genauso heißt sie. So wie die Heldin aus der Bibel, die einst das Volk Gottes vor dem Schwert der Perser rettete. Und wir werden sie aufnehmen.
Springe zu einem Abschnitt:
Lukas, der Prophet misstraut der Großstadt-Frau
„Sag‘ mal, Fetthans, glaubst du das wirklich? Aber es könnt doch auch alles ganz anders sein. Vielleicht ist sie schlicht pleite und musste sie die Wohnung am Alexanderplatz verkaufen. Weil sie nichts mehr zu essen hat und in Berlin keine Bleibe findet, versucht sie es nun in der Pirmasenser Kolonie. Du Naivling glaubst, sie hieße wirklich Ester und sie sei die Retterin der Kolonie. In Wahrheit aber ist Ester eine Chantal aus dem Berliner Tiergarten?“
Lukas, der Prophet
Also Lukas, der Prophet will mir nichts als bange machen und mich verunsichern. Angenommen, unsere Bewerberin heißt dem amtlichen Dokumente nach nicht Ester, sondern Chantal. Aber was macht das für einen Unterschied? Denn wer in die Kolonie aufgenommen und getauft wird, darf sich ohnehin einen Wunschnamen aussuchen. Schließlich bedeutet der Eintritt in die Kolonie eine Wiedergeburt des Menschen. Das vorherige Leben ist damit Geschichte.
Umzug aus ideologischen Gründen
Hör mal zu, Lukas. Ester schreibt:
Ester Berlin, Bewerbungsschreiben
„Seit Jahren schon lese ich die Berichte von Theophil Meisterberg und der Pirmasenser Kolonie. Zuerst dachte ich, auch diese Kolonie sei wieder mal eine neue Sekte. Genauso wie man sie in Allianzen und den sogenannten Glaubenszentren findet. Heuchler also. Wie Bischöfe und Kirchenpräsidenten. Die nickend zuschauen wie Kapitalisten alle Tiere und Menschen in nutzbringende Investitionsgüter verwandeln. Dann schloss ich Eure Internetseite und ließ mir weiter meine Zeit vom Getriebe der Großstadt rauben. Bis mir eines Nachts Gott selbst im Traum erschien. Seitdem weiß ich: Mein Platz ist in Pirmasens. Als Kämpferin will ich an Eurer Seite für das Reich Gottes im Hier und Jetzt streiten.“
Nach dem ich mit meinem Zitat aus Esters Bewerbung endete, ließ die Replik von Lukas nicht lange auf sich warten. Der junge Mann erhob sich vom großen Eichentisch der Geistlichen Hütte. Ehe er die Stimme erhob, schritt er mehrmals zwischen den Fenster zur Streuobstwiese und dem Tisch hin und her. Danach atmete er tief durch.
Lukas, der Prophet setzt auf Gewalt
Schließlich spricht Lukas: „Wie will eine Frau die Pirmasenser Kolonie vor den Häschern der Konzerne und Investoren retten? Wie will Ester unsere Feinde töten? Nein, Fetthans. Obgleich wir meditieren und beten sollen, das alleine gewinnt nicht den Krieg. Obschon der Geist uns stärkt, vertraue ich auf die Waffen des Scharfschützen und unseren Kämpferinnen. Folglich brauchen wir keine Ester aus Berlin. Die soll bleiben wo sie ist! Ihr Umzug würde uns nichts nützen.“
Lukas, der Prophet
Ester will die Kapitalisten verjagen
Bloß dass Ester schreibt, sie sei nach dem Umzug für den Kampf bereit. Und ich glaube Ester. Sie wird kommen und wir werden das Land und die Stadt unter Gottes Herrschaft aus der Sklaverei befreien. Hierdurch wird Gerechtigkeit sein. Nachdem der letzte Kapitalist zur Stadt hinaus gejagt wurde, wird Gott den Ihren alle Tränen abwischen. Doch bis dahin werden wir kämpfen wie einst unsere Brüder und Schwestern des Volkes Israel ums Gelobte Land. Glaube, Liebe, Hoffnung. Die Liebe aber ist die Größte unter ihnen. Dafür, um Gottes Gerechtigkeit Willen, ziehen wir in den Kampf. Es wird ein Ringen um das Überleben sein. Geführt mit den Waffen des Geistes, des Glaubens und des Militärs.
Bericht: Fetthans
Digitales Bild: Scharfschütze