Schreie des Zorns. Die schöne Paula ist tot – Zweiter Teil.
Schreie des Zorns gellen über die Stadt. Mit bestimmten Unbilden und Gefahren habe ich gerechnet. Der zerstörerischste aller Schrecken der verworfenen Welt erschien mir ganz klar vor Augen, bevor ich die sicheren Gefilde der Kolonie verließ und meinen langen Marsch durch die Stadt antrat. Natürlich dachte ich an die Autos und die menschlichen Bestien hinterm Lenkrad, denen Dante Alighieri in seiner Göttlichen Komödie ohne Zweifel einen Platz unter den Höllenqualen gewidmet hätte, sofern der Florentiner sein Werk in unseren Tagen hätte verfassen dürfen.
Am frühen Morgen so grausam von der Todesnachricht aus den süßen Träumen gerissen, muss ich im verklingenden Rausch der gewesenen Sommernacht all die anderen Kammern der Hölle übersehen, vergessen und verdrängt haben. So wird es wohl sein. Wie sonst wollte ich mir diese Blindheit erklären? Diese Nachlässigkeit im Denken? Aber nein. Ich sollte nicht zu streng mit mir ins Gericht gehen. Nein, mein Gesicht formt heute keine Schreie des Zorns mehr.
Seit ich mich gnädig zu den Auserwählten zählen darf, wandern meine Gedanken stets zum Guten hin. Das Leben in der Gemeinschaft befreit mich aus den Zwang des Eigentums. Nichts und niemand nötigt mich dazu, alle möglichen Gefahren zur selben Zeit vor Augen zu haben. Deshalb ist es hinter den Zäunen und Palisaden der Pirmasenser Kolonie so leicht, der verworfenen Welt zu entkommen und sie zu vergessen.
Die Kolonie überreicht einem schwachen Menschen wie mir ein wahrhaft göttliches Geschenk. In der Gemeinschaft bin ich aufgehoben in unverdienter Geborgenheit. Eine Geborgenheit, die mich aus der Pflicht entlässt, ständig auf der Hut zu sein. Statt dessen lerne ich, was es heißt, wenn ich im Anderen bei mir selbst sein darf.
Allerdings schwindet das Gefühl von Geborgenheit mit jedem mich vom großen Tor entfernenden Schritt. Das Behagen weicht mit jedem Meter dem Unbehagen, das Wohlgefühl dem Unwohlsein. Mit wachsender Nähe zur verworfenen Welt gedeiht die bloße Angst. Noch gehe ich über den langen, schlecht asphaltierten Weg zwischen den Wiesen auf den Außenbezirk der Stadt zu. Obwohl mir noch kein Verworfener begegnet ist, vernehme ich bereits Schreie des Zorns aus der Ferne.
Springe zu einem Abschnitt:
Schreie des Zorns am Einkaufsmarkt
Soeben überschreite ich die Grenze. Dann überquere ich die erste Ausfallstraße und bewege mich durch den Außenbezirk in Richtung Innenstadt. Autos rasen hungrig zu den Supermärkten hin. Ihre Kofferräume schlucken gierigen Mäuler gleich schlucken prall gefüllte Taschen. In den Säcken staut sich in Plastik verschweißte Menschennahrung. Irgendwo jault hinter getönten Scheiben ein gequälter Hund. Die Luft stinkt nach den Ausscheidungen der Motoren. Einkaufswagen scheppern über den Asphalt. Autotüren knallen dumpf ins Gummi.
Ein Mann und eine Frau geraten vor dem Einkaufsmarkt in einen lauten Streit. Die Schreie des Zorns kommen jetzt von nahe und dringen vernehmlich zu Gehör. „Du dreckige Fotze“, brüllt der Mann. „Du Schlappschwanz“, kreischt die Frau. Dann zieht sie einen kleinen, schwarzen Gegenstand aus ihrer bunten Umhängetasche hervor. Mir stockt der Atem. Eine Waffe? Sie zielt mit dem schwarzen Ding auf ein Auto, worauf sich dessen Heckklappe wie von Geisterhand schließt. Jetzt steigt sie hektisch hinters Steuerrad. Der Motor heult auf, die Frau braust mit quietschenden Reifen davon. Schreie des Zorns am Einkaufsmarkt.
Den Blick noch immer zum Schlachtfeld vor dem Einkaufsmarkt gewandt, will ich dennoch meinen Weg fortsetzen. Dabei stößt mein rechter Fuß gegen einen schweren Stein. Der dicke Brocken aus Beton liegt mitten auf dem Gehweg. Nach dem Anstoß blutet mein kleiner Zeh. Heiße Schmerzen flammen bis weit ins Bein und zum Rücken empor. Es zieht und pocht in mir. Der Schmerz ist mir eine neue Mahnung: Nichts ist sicher in der verworfenen Welt. Also zwinge ich mich zur Vorsicht.
Brechreiz vor dem Deutschen Haus
Natürlich ist inzwischen auch der Schlappschwanz längst am mir vorbei gerast. Trotz der Schmerzen im rechten Fuß und ätzender Atemluft gehe ich weiter und lasse das Schauspiel vor dem Supermarkt hinter mir. Schließlich wartet mein Freund Hunde-Tommy bei der schönen, toten Paula auf dem Berg Horeb. Weiter gehen. Ich biege rechts ab in die nächste Straße. Vorbei an einem Küchenfachgeschäft, einem Fitnessstudio, einem ehemaligen Café und einem Pflegeheim mit mit Hospiz. Dann gehe ich links um die Ecke und gelange endlich in die große Straße.
Die breite Chaussee verbindet das Zentrum von Pirmasens mit dem Dorf Winzeln. Ich schaue hinunter zur Stadt, wo sich die sandsteinernen Doppeltürme der St.Pirminius-Kirche stolz am Fuße des Berges Horeb erheben. Mein Ziel ist nun in Sichtweite. Wenn ich auf Gipfel will, muss ich an diesem Monument kirchlicher Macht vorbei. Ich beschreite das Trottoir auf der linken Seite. Plötzlich steigt mir ein penetrant übler Geruch in die Nase. Ich kenne ihn von irgendwo her, den habe ich schon einmal gerochen.
Gerochen und Erbrochen. Es ist der typische Gestank der deutsch-nationalen Verkommenheit. Jener dem Nationalstolz immer schon zu eigene Dunst von kariösen Zähnen, Bierschweiß und feuchten Exkrementen. Selbst der auffrischende Ostwind vermag diese Widernis nicht zu vertreiben, deren Quelle ich nun leicht ausmachen kann. Deutsches Haus prangt auf dem Schild über der Eckkneipe. Der Schriftzug bezeugt unübersehbar den Niedergang des einst stolzen Arbeiterquartiers, über dem jetzt die Reichskriegsflagge weht. Sie laufen tumb der Verheißung von Krieg, Diktatur und Massenmord hinterher.
Von echten Polizisten und von falschen Polizisten
Weil der Weg von nun an bis zur Talsohle abwärts geht, beschleunige ich mühelos meine Schritte. Ich passiere flott die Tankstelle und den Laden für Billigkleider, streife jetzt an den alten Häusern vorbei. Vor einem der Altbauten wird mein Tempo jedoch unvermittelt gebremst. Eine Hand ergreift meinen linken Arm. Ihre Finger krallen sich in meinen Hemdsärmel fest und zerren mich hinter ein großes Tor. Die ins große Eisentor eingefügte Tür fällt hart ins Schloss. Das Echo zwischen den Wänden verstärkt das Krachen zum Donnerhall. „Ruhig, bleib‘ ruhig!“, befiehlt der Mann.
Wo bin ich hinein geraten? Welche Schreie des Zorns erwarten mich hier? Nach einem kurzen Augenblick erschrockenen Taumels werde ich der Person gewahr, die meinen Vorwärtsdrang so abrupt und gegen meinen Willen beendet hat. Vor mir steht ein Mann im Halbschatten der Unterführung zum Hinterhof. Die kleinwüchsige Gestalt hält noch immer meinen Ärmel fest. So schmal, hager, fast dürr wie er aussieht, vermag ich sein Alter kaum zu schätzen. Er könnte genauso gut 50 wie 75 Jahre alt sein.
Seine hellwachen, rehbraunen Augen starren mich mit unbewegt an. Mir kommt es fast so vor, als wollte mich der kleinwüchsige Alte mit dem runzligen, fast zahnlosen Gesicht und dem schütteren grauen Haar zu etwas beschwören. Nur zögerlich lockert er den Griff an meinem Ärmel, bevor er die Hand zurück zieht. Kommen sie jetzt, seine Schreie des Zorns? Nein. Der Alte bleibt still. Statt dessen bedeutet er mir mit einem wortlosen, aber kräftigen Fingerzeig, ihm zu folgen. Ich komme seiner Aufforderung nach und gehe hinter ihm her. So betreten wir gemeinsam den quadratischen, an allen Seiten von dreistöckigen Häusern umrahmten Hinterhof.
An der Wand des rechten Seitenflügels steht ein Holzverschlag aus schräg übereinander vernagelten Brettern. Über dem Dach spannt eine mit Algen überzogene rote Plastikfolie zum Schutz vor Regen und Nässe. Darunter steht ein altes Sofa, dessen grün-fleckiger Bezug aus schäbigem falschem Samt eine nicht gerade einladende Sitzgelegenheit bietet.
Trotz der Hitze trägt der alte Mann Soldatenstiefel, eine dreckige Militärhose und eine verschlissene Tarnjacke. Ein erneutes Handzeichen lädt mich zum Hinsetzen ein. Als wir beide auf dem alten Sofa unter dem Verschlag sitzen, lächelt der Alte zufrieden. Er stellt sich leise, aber freundlich vor und reicht mir die Hand, die ich ergreife: „Ich bin Jean-Paul. Man nennt mich hier im Viertel den Oberst.“
Auch ich stelle mich kurz vor. Beim Sprechen merke ich, wie trocken Mund und Kehle nach langen zwei Kilometern anstrengenden Fußmarschs mitten in der Sommerhitze sind. Und wenn ich vor Durst nicht richtig reden kann, ist das ein unerträglicher Zustand. Dem muss unbedingt abgeholfen werden. Also frage ich: „Oberst Jean-Paul, hast Du vielleicht ein Bier für mich?“ Der Oberst sieht mich an, sagt aber nichts. Der kleine Mann erhebt sich vom Sofa, stellt sich vor den Verschlag und brüllt sein Kommando zum Hinterhaus.
Kleiner Oberst, große Befehle
„Gertrud! Bring‘ eine kühle Kiste auf den Hof! Aber zackig!“ Im Echo der Mauern klingt das Gebrüll wie zehn Obristen. Beeindruckend, welch eine famose Stimmgewalt so ein schmales Hutzelmännchen doch hervorbringen kann. Einen derart hohen Schalldruck gehorchen die Untergebenen. Schon nach wenigen Minuten öffnet sich die Tür des Hinterhauses.
Gertrud erscheint auf dem Hof und schleppt eine gekühlte Kiste mit 20 Flaschen Park Pils vor den Verschlag. Gertrud ist eine dicke, hoch gewachsene Frau von vielleicht 50 Jahren. Sie trägt beige Gesundheitsschuhe, hautfarbene Stützstrümpfe und eine blaue Kittelschürze mit halben Ärmeln. Ich höre ihr Stöhnen und Ächzen, aber keine Schreie des Zorns. Obwohl das Gewicht der 20 Bierflaschen diese Frau sichtlich an die Grenze ihrer Belastbarkeit bringt, meistert Gertrud diese Aufgabe bravourös. Ich höre ihr schmerzhaftes Stöhnen und Ächzen, aber keine Schreie des Zorns.
Sogleich greifen wir beide gleichzeitig in die Kiste. Der Oberst nimmt eine Flasche von der rechten, ich eine von der linken Seite. „Gertrud ist meine Ehefrau. Sie hatte vor zwei Tagen eine Krampfader-OP an den Beinen. Außerdem leidet sie an fortgeschrittener Arthrose in der Hüfte. Deswegen braucht Gertrud dringend Bewegung.“ So beantwortet der Oberst meine noch gar nicht gestellte Frage. Jeder saugt seine Flasche durstig bis zur Neige aus. Gottbier ist es nicht. Diesen Flaschen fehlt der göttliche Segen, sodass die geistliche Erfrischung bedauerlicherweise ausbleibt. Für den Körper jedoch ist auch das ungesegnete Bier eine große Wohltat. Deswegen trinken wir beide gleich noch eine zweite Flasche.
Dem Oberst reicht die Abkühlung von innen offensichtlich wohl nicht so ganz. Er öffnet eine dritte Flasche Pils. Die trinkt er aber nicht aus, sondern schüttet sich die die goldene Flüssigkeit über den Kopf. Indessen er seine Bierdusche nimmt, lasse ich mein drittes Pils lieber noch ein paar Minuten stehen. Denn zwei Bier lassen sich locker stürzen. Aber das Dritte würde den Magen zu sehr blähen, wegen der Kohlensäure. Die Gase verursachen zudem nicht selten eine gesteigerte Flatulenz. Zwar dämpft das Polster des Sofas den Lärm seiner Fürze durchaus angenehm. Aber die Ausdünstungen des kleinen Oberst beherrschen mit machtvoller Würze den Raum. Der kleine Jean-Paul ist ein Oberst, ein Kommandeur bis in die kleinste Windung seines Gedärms.
Die schwarze Schwadron marschiert
Für eine Sekunde blitzt der Gedanke durch meinen Kopf, ob die Fürze des Oberst vielleicht sogar tief in die Eingeweide verschobene Schreie des Zorns sein mögen. Wie das alte Sprichwort sagt, sind ihm die Schreie des Zorns in Fleisch und Blut übergegangen. Ja bestimmt. Denn Gefühle und Gedanken können sich in körperliche Erscheinungen ausdrücken. Dieses könnte sich an seinen Darmwinden einmal mehr als Wahrheit erweisen. Dennoch schickt er seien Fürzen augenblicklich noch in Worte gepresste Schreie des Zorns hinterher.
„Eben habe ich dich vor der schwarzen Schwadron gerettet!“
„Die schwarze Schwadron?“
„Ja, die schwarze Schwadron war im Anmarsch. Hast du sie gesehen?“
„Nein. Ich habe keine Schwadron gesehen. Wo war die denn?“
„Die drei schwarzen Gestalten sind gerade in die Winzler Straße eingebogen, als du bei mir angekommen bist. Du wärst denen genau in die Arme gelaufen. Deswegen habe ich dich hier ‚rein gezogen.“
„Ah! Du meinst die drei Polizisten?“
„Genau Otisse, die Polizisten!“
Zutiefst empört erzählt der Oberst von den Ereignissen in seinem Viertel. Nur wenige Wochen ist es her, da hat die Schwadron auf offener Straße am Sonntagmorgen einen Mann mit dem Elektroschocker traktiert, ihn zu Boden geworfen und ins Polizeirevier geschleift. Vor anderthalb Jahren ist eine schwarze Schwadron in die Wohnung eines Mannes eingebrochen. Weil am Tag zuvor ein gleichgültiger Amtsrichter ein Papier mit dem Titel Anordnung unterschrieben hatte, wollte ihn die Polizei in die Psychiatrie verschleppen. Das wollte er natürlich nicht. Daraufhin haben sie ihm zur Strafe seines Widerwillens so viele Stromschläge verabreicht, dass er wenig später daran starb.
Hätte ich den Bericht des Oberst an dieser Stelle nicht unterbrochen, wäre diese Aufzählung verstörender Gräuel und Gewalt noch lange nicht zu Ende. Selbstverständlich ist mir die Dekadenz der verworfenen Welt mittlerweile wieder voll zu Bewusstsein gelangt. In ihr ist jeder Mensch frei, dessen Willen sich niemand entgegenstellt, oder wenn dieser Widerstand mit Geld, politischer Macht und Gewalt überwindbar ist. Niemand glaubt hier draußen noch daran, dass der Andere sich an irgendein Recht zu halten bereit wäre. Daher erscheint es mir nur logisch, wenn sie ihre Polizisten ausrüsten und bewaffnen wie kämpfende Soldaten. Denn es kann jederzeit alles geschehen. Die letzten Tabus und Hemmungen sind längst gefallen.
Der Oberst: Welchen Herren die Polizei jetzt dient
Aber was der Oberst jetzt berichtet, reicht weiter als alles bisher Gesagte, Gedachte und Erlebte. Dieser Bericht weckt Schreie des Zorns mit jedem Grund.
„Otisse, es gibt hier echte und falsche Polizisten. Die Echten sind Beamte des Staates, die Falschen gehören zur Firma. Aber wir können sie nicht unterscheiden. Sie sehen alle gleich aus, haben die gleichen Dienstausweise, Uniformen und Autos.“
„Woher weißt du das, lieber Oberst? Und warum ist das so? Ich verstehe nicht den Sinn, warum sie private Polizisten einsetzen?“
„Das haben mir zwei altgediente Beamte gesagt, die kurz vor der Pension stehen. Zum Beweis haben sie sogar die Dienstanweisungen vom Innenminister kopiert und mir gegeben. Die Politik will sparen. Der Firma ist ein Konsortium mehrerer Konzerne. Denen fehlen billige Arbeitskräfte. Deswegen üben sie Druck auf alle aus, die arbeiten könnten, es aber nicht tun.“
„Ach so ist das. Eine Partnerschaft von Staat und Konzernen. Sie verbünden sich, um bei den Sozialkosten und am Beamtensold zu sparen. Zugleich erzwingen sie den kläglichen Rest von öffentlicher Ordnung mit Gewalt, damit die Konzerne von der Zwangsarbeit profitieren.“
„Ich merke, du verstehst schnell, Otisse. Ja, so ist es. Wenn sie dich leicht angetrunken und in verschwitzter Freizeitkleidung auf der Straße treffen, ist dir eine massive Kontrolle sicher. Schließlich bist du ein Mann im arbeitsfähigen Alter. Also passt du genau in ihr Beuteschema. Die ringen dich beim geringsten Zeichen des Unmuts nieder. Dann machen sie dich mit Elektroschocks wehrlos und schaffen dich in die Psychiatrie.“
„Das heißt ja, ich muss mich fernhalten von der Polizei?“
„Ja. Halte dich unbedingt von den schwarzen Schwadronen fern. Mache einen großen Bogen um sie und rufe sie niemals zu Hilfe.“
Geweckt: Schreie des Zorns in mir
Das Dach ihrer Demokratie ist eingebrochen, die Balken sind Morsch, die Dachpfannen sind im Orkan der falschen Freiheit zersprungen. Dass die verworfene Welt am Verrat der eigenen Prinzipien stirbt, ist mir seit längerer Zeit klar. Aber dass es schon soweit gekommen ist, weckt nun doch meine bereits überwunden geglaubten Schreie des Zorns.
Nein, ich werde garantiert nicht die Polizei rufen. Früher, als das Menschenrecht noch etwas galt, war dieses Vertrauen noch möglich. Aber heute? Nein, wenn die Interessen Einzelner mit Gewalt auf den Straßen durchgesetzt werden, ist jede Zuversicht tatsächlich verloren. Die Diktatur des Profits nimmt den Menschen auch noch die letzte Würde. Das ist, was diese Welt zu einer Verworfenen macht. Trotzdem habe ich diese Welt noch nicht ganz aufgegeben. Gibt es eine Heilung?
Zum Glück ist es mir wunderbar vergönnt, in der Pirmasenser Kolonie zu leben. Deswegen muss ich jetzt weiter auf dem Weg zu Hunde-Tommy auf dem Horeb. Schließlich darf ich den Freund und Mitkolonisten nicht mit der toten, schönen Paula alleine lassen, wenn er nach meiner Hilfe ruft. Dessen Schreie des Zorns möchte ich mir nicht zuziehen. Somit verabschiede ich mich von Jean-Paul, dem Oberst des Winzler Viertels. Nachdem auf dem Tablet-PC des Oberst angezeigt wurde, dass die schwarze Schwadron verschwunden ist, öffnet er das Tor und ich mache mich auf den Weg in Richtung Innenstadt. Mir ist jetzt schon bange, welche Sphäre von Dantes Hölle mich dort erwartet.
Claude Otisse