Überwachung mit Drohne im Pfälzer Wald

Eine Drohne wie diese verfolgte Theophil Meisterberg im Pfälzer Wald.
Eine Drohne wie diese verfolgte Theophil Meisterberg im Pfälzer Wald.

Gejagt von einer Drohne. In der Nacht ist Theophil zurück gekommen. Die Angst stand in seinen Augen. Als hätte er den Teufel gesehen. Dann ist er zu meinem Haus gerannt. Ohne Pause. Den Musterkoffer in der Hand. Quer durch den dichten Wald an der Grenze.

Zuerst überhörte ich sein Klopfen. Auch weil der Hund nicht bellte. Weil selbst der zu tief geschlafen hat. Dann nahm Theophil einen Stock und trommelte damit auf den blechernen Briefkasten. Damit schreckte er Hund auf. Das Bellen schließlich weckte auch mich. Ich vermutete voller Groll, es wird ein Raser sein, der mit dem Auto an eine Wand gefahren ist. Ich wähnte wimmernde Menschen voller Blut vor meiner Tür, die um Hilfe flehten. Zwar wäre Hilfe in diesem Fall Hilfe eine Pflicht. Aber Autorasern helfe ich nur mit größtem Widerwillen. Wenn ohne späteren Ärger möglich, dann lasse ich die in ihrem Wrack verbluten.

Theophil Meisterberg in größter Bedrängnis

Doch es war viel schlimmer. Ich sah den Hausierer Theophil in höchster Not und Verzweiflung. Als trachtete jemand nach seinem Leben. Ich sah mich verstohlen um, ob er nicht auch die Nachbarn geweckt hätte. Aber alles war ruhig. Alle Fenster blieben dunkel. Die Nachbarschaft schnarchte vernehmbar weiter.

Kaum war die Haustür ins Schloss gefallen, saß Theophil auch schon auf dem Stuhl in meiner Küche. Er sah mich an mit weiten Augen. Ob ich das große Licht ausschalten könnte? Das sei besser, sicherer. Die kleine Lampe tat es auch. Deren Licht war gerade hell genug, dass ich sein Gesicht erkannte.

Ich brühte eine Kanne Tee. Theophil erzählte indessen eine Geschichte, die ich zunächst kaum glauben wollte. Allerdings schützte mein Unglaube nicht davor, dass diese sich als im hohen Maße glaubwürdig erweisen sollte.

Theophil bewohnte eine Höhle am Rande des Truppenübungsplatzes. In einem Felsmassiv, das durch die Luft gemessen kaum mehr als fünf Kilometer vom Nachbardorf entfernt auf einem Hügel liegt. In den roten Sandsteinfelsen hatten die Dorfbewohner wohl schon vor den Kämpfen des vergangenen Krieges Schutz vor den Granaten gefunden.

Neben den natürlichen Gewölben haben Menschen zusätzliche Räume in den Fels gehauen. Dort wollte Theophil seinen Sommer verbringen. Der Zaun des Militärgeländes schirmt den Ort ab. Daher musste er keine Sorge haben, dass Touristen, Wanderer und Jäger ihm zu nahe kamen. Auch die Soldaten habe er an seiner Höhle noch nie gesehen. Doch in dieser Nacht ist dem Hausierer Theophil etwas fürchterliches begegnet.

Theophils Bericht:

Doch in dieser Nacht war alles anders als gewohnt. Zum ersten Mal hatte ich schon abends dieses seltsame Gefühl, als sei jemand hier gewesen. Vielleicht war es ein ganz leiser Geruch. Oder ein Geräusch. Ich kann gar nicht sagen, was es war. Aber es machte mich misstrauisch. Den Boden habe ich ausgeleuchtet. Ob sich dort nicht Fußspuren finden lassen? Von einem Tier vielleicht, oder sogar von einem Menschen?


Ein Wildschwein kann es nicht gewesen sein. Das hätte ich sofort gerochen. Aber es gibt noch anderes Getier. Füchse, Wildkatzen, Luchse und Wölfe. Die durchsuchen gerne neugierig die Sachen nach Fressbarem. Doch meine Sachen lagen noch da. Unverändert, wie ich sie heute Morgen zurück gelassen hatte. Trotzdem habe ich noch einen Streifzug durch die nähere Umgebung meiner Höhle unternommen.


Ein verlassenes Dorf mitten im Wald
In der sanften Mulde vor den Felsen stehen die verlassenen Häuser eines ehemaligen Dorfes. Außer den französischen Soldaten weiß keiner, dass es das die Ruinen noch gibt. Aus meinem Versteck kann ich sie manchmal beobachten. Sie ziehen ins Manöver. Dabei kommt es vor, dass die die Häuser als Deckung wählen und den Feind in den Hinterhalt locken. Jetzt standen dort Zelte. Nicht besonders sorgfältig getarnt. Nur in dunkler Farbe. Auf dem Dorfplatz beim Brunnen brannte ein großes Lagerfeuer.

In der Runde saßen Männer und Frauen. Zwar konnte ich nicht verstehen, was die redeten. Aber sie sprachen Deutsch. Was mich wunderte. Denn der Übungsplatz gehört dem französischen Staat. Die Franzosen bilden dort ihre Rekruten aus. Und jetzt auf einmal waren deutsche Stimmen zu hören. Ich schlich mich näher heran.

Deutsche Polizisten am Lagerfeuer
Dabei erkannte ich, dass es keine Soldaten, sondern Polizisten waren. Sie trugen Overalls mit einem Polizei-Abzeichen an den Schultern. Mit ausgestreckten Beinen und in schweren Stiefeln saßen sie um das Feuer herum. In der Hand hielten einige Tassen. Andere umklammerten ihre Bierflaschen. Nach dem sich meine Augen an das flackernde Licht des Feuerscheins gewöhnt hatten, erkannte ich mehrere Autos und Kleinbusse neben dem leeren Dorf.

Geräusch eines Hornissenschwarms
Ich zog es vor, langsam und vorsichtig in meine Höhle zurück zu schleichen. Zu groß war die Gefahr, dass sie mich entdecken könnten. Ich verzichtete auf das Licht und blies die Kerze aus. Auf allen Vieren tastete ich mich zu meinem Bett. Doch einschlafen konnte ich nicht.

Lange noch lauschte ich den Geräuschen der Nacht. Bis auf einmal etwas geschah. Plötzlich war da ein leises Rauschen. Beständig wie der der Wind. Nur viel gleichmäßiger. Es kam immer näher und wuchs zu einem Surren an. Es erinnerte an das Geräusch eines Hornissenschwarms.

Ein unbekanntes Flugobjekt
Dann war das Ding direkt über mir. Ich sah nur seinen Schatten. Aber der Luftzug, der war stark. Es schwebte, schwankte hin und her. Es entfernte sich und kam wieder näher. Dann bewegte es sich in die Höhle nebenan. Das Ding kam noch einmal kurz zurück und verschwand dann langsam in der Nacht. Ich war mittlerweile aufgestanden und sah dem Ding hinterher.


Gegen das fahle Licht des Himmel habe ich es dann gesehen. Es sah aus wie ein kleiner Hubschrauber mit vielen Propellern. Es flog in Richtung der deutschen Polizisten weg. Ich habe große Angst bekommen. Was ist, wenn die mich finden? Was machen die mit mir? Also habe ich wenigstens meinen Koffer gegriffen und bin direkt zu dir gerannt.“

Pfarrer Theophil Meisterberg über seine Begegnung mit einer Polizei-Drohne.

Es war eine Drohne. Die verfolgte Theophil bis in seine Höhle. Und die Piloten hatten ihn bestimmt gesehen. Vermutlich haben die Polizisten schon von ihm gewusst. Dann haben sie und einfach mal zum Spaß ihr Arbeitsgerät an dem armen Mann ausprobiert. Ein böser Schabernack. Ich habe Theophil gesagt, dass es eine gute Entscheidung gewesen ist, zu fliehen. Bis wir eine neue Höhle für ihn gefunden haben, darf er bei wohnen.

Eine Drohne gegen soziale Unruhen

Einige Tage später fragte ich in Frankreich nach. Ein Soldat der französischen Armee verriet mir, was die deutsche Polizei im Wald macht. Die Deutschen trainieren dort Spezialeinheiten nach militärischen Grundsätzen für den Einsatz gegen Aufstände im Inland. Zum Einsatz kommt auch die Drohne. Dazu brauchen die eine Häuserkulisse wie das verlassene Dorf. Das dient den Militärs schon seit hundert Jahren als Übungs-Arena für den Häuserkampf.

Mit der Drohne können die Polizisten Flüchtige bis in die Wohnungen verfolgen und aufspüren. Offensichtlich fürchten die Behörden, dass es wegen der wachsenden sozialen Missstände zu Unruhen kommt. Auch französische Polizeieinheiten üben diese Einsätze, sagte der Soldat, über dessen Name ich schweigen muss. Aber eines ist jetzt sicher. Theophil Meisterberg braucht ein neues Versteck.

Bericht: Claude Otisse
Foto: Claude Otisse

Claude Otisse

Der Journalist und Fotograf Claude Otisse nennt sich Superior und ist Mitglied der Geistlichen Hütte der Kolonie der Auserwählten in Pirmasens.

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