Lars, der Kindermörder vom Eisweiher
Was macht Fröhlichkeit des Frühjahrs aus? Es ist der Aufbruch zum neuen Leben. Doch ein Kindermörder nimmt dem jungen Leben seinen Atem.
Sonne und Wärme sind wieder da. Darum ist es so wundervoll grün am Eisweiher in Pirmasens. Durch lange Winternächte träumend habe ich dies herbeigesehnt, was jetzt geschieht. Anfangs fröstelten noch der Morgen und der Abend. Doch nun schwitzt der Frühling mir durch Hemd und Hose. Der Mai pudert mich gelb schimmernd mit seinem Blütenstaub. Niesen, Husten und den Tränen in den Augen – ja. Aber fliehen möchte ich davor niemals. Denn wo wollte ich auch hin, wo es schöner wäre als im Frühling?
Ebenso wie ich kein stickiges Büro ertragen möchte: Genauso ist mir die verglaste Gummizelle eines Autos zuwider. So rolle ich auf dem Fahrrad des verstorbenen Franziskus den Blocksberg hinunter. Den lauen Fahrtwind im Gesicht und die Freiheit im Herzen tragend nähere ich mich dem Ziel. Ehe ich den Eisweiher erreiche, kommt mir Theophil in den Sinn.
Wie mag es ihm wohl ergehen in der Verbannung auf der Sonnenmauer? Obwohl bereits die Hälfte der Zeit vergangen ist, dürfte ihm die Einsamkeit doch mehr zu schaffen machen als die Hitze. Obendrein Verzicht aufs Gottbier. Natürlich, ja, das ist eine harte Strafe für den am menschlichem Gewissen begangenen Verrat.
Dennoch besitzt dieses Urteil sein ureigenes Recht. Weil Theophil dem Restehändler Plattermann weitere Lebenszeit verschaffte. Dafür, dass er an Weihnachten den Feinden Gottes und der Menschlichkeit in die Hände spielte. Somit tat es der Pfarrer den Bischöfen und Kirchenpräsidenten gleich. Jenen armseligen Gestalten, die den Geldbesitzern, Renditegläubigen und Aktionären willfährig nach dem Munde reden. Und Theophil verschonte jene, die ihre Mordgier hinter ihren Bilanzen verstecken. Bevor Theophils Zeit auf der Sonnenmauer abläuft, möge er sich eines Besseren besinnen.
Vielleicht mag ein Gen-Defekt, eine psychische Krankheit die Ursache des wahnhaften Denkens sein. Trotzdem verkehren sie alle Gebote Gottes, jedes Recht und jede Ordnung ins Gegenteil. Sie ziehen aus Wohnen, Essen, Trinken und menschlicher Arbeit ihre Profite und Renditen. Der freie Markt wird zu Gott und Götze berufen. Daher verwirkt ein jeder Geldgläubige die Erlösung in Gottes Reich, der den Ruf zur Umkehr überhört.
Springe zu einem Abschnitt:
Kindermörder Lars in Latzhose und T-Shirt
Während dieser Gedanken erkennen meine Augen in mitten der wunder grünen Mailandschaft dieses störende Blau. Zuerst erscheint ein Fleck. Dann wird aus dem Fleck eine Fläche. Wachsend, sich langsam vergrößernd. So weit, bis die Nähe ihre genauen Umrisse auf meine Netzhaut zeichnet. Zum Blau der Latzhose gesellen sich nun das ausgewaschene Weiß des T-Shirts, die bräunlich-fahle Haut und der kurzgeschorene Schädel des Dachdeckermeisters Lars Schmied. Man kennt ihn schon als Hasser aus dem Internet.
Wenngleich ein Familiengericht diesem Vater erlaubte, Tochter Marie zwei Mal in einem Monat zu sehen, verweigert Lars‘ Noch-Ehefrau Thea von nun an die Herausgabe des Mädchens. Thea ist vor kurzem in die Pirmasenser Kolonie eingetreten. Weshalb mir die Aufgabe zufiel, ihrem Noch-Ehemann Lars diese Nachricht zu überbringen. Dann sollte ich die kleine Marie durch nach Hause zu ihrer Mutter in die Pirmasenser Kolonie begleiten.
Nachdem Lars mehrmals versucht hatte, in die Kolonie einzudringen, um Marie und Thea mit Gewalt ins neu gebaute Einfamilieneinhaus am Horeb zu verschleppen, erklärte Kolonie-Vorsitzende Lisa Berg den Spruch des Familiengerichts für nichtig. Die Vorsitzende gab dem Wunsch der Mutter statt. Diesen Beschluss soll ich nun in die Tat umsetzten und Maries Vater-Besuch ein für allemal beenden.
Lars, ein Hasser und Frauen-Verprügler
Als ich am Eisweiher ankomme. steht der Hass in Lars‘ Gesicht geschrieben. Genau so, wie ein Mensch aussieht, dessen Seele aufs Heftigste gekränkt in sich ihren geballten Hass entgegen schleudert. Nichtsdestoweniger hasst der Dachdeckermeister die Pirmasenser Kolonie. Er behauptet, die Kolonie hätte seine Familie zerstört. In Wahrheit Thea tauschte das Leben einer misshandelten, unterdrückten und geschlagenen Frau gegen das freies und solidarische Dasein unter uns Kolonistinnen.
Lars Schmied klopft ans Höllentor
Indessen beschleunigte Lars, der Kindermörder seine Schritte auf dem Weg in den Abgrund. Jetzt rannte er zum Höllentor. Jedenfalls schloss sich Lars kürzlich der Vogelschiss-Partei an. Er schreibt Parolen wie diese auf sein Netzwerk-Profil: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!“
Lars gesteht, seine Tochter Marie erwürgt zu haben
Somit trete ich nun vor diesen am Ufer des Eisweihers sitzenden Mann. Sogleich stößt Lars mit kehlig gepresster Stimme die ersten Sätze aus. Dabei flieht sein Blick vor meinem. Lars sagt: „Wenn ich Marie nicht haben darf, dann darf sie niemand haben!“ Dann zuckt er rückwärts mit dem Kopf und zeigt wortlos mit der rechten Hand auf den Eisweiher. Daraufhin legt er beide Hände zu einem Kreis übereinander. Eine Geste, als würgte er jemanden am Hals.
Als ich über die Wasseroberfläche des Eisweihers schaue, sehe ich die Leiche der kleinen Marie. Das Mädchen wurde das Opfer ihres Vaters, dem Kindermörder. Bäuchlings trieb das Kind auf dem Tümpel, mit dem Gesicht nach unten. Der Todeskampf hatte ihren Körper völlig verdreht. So deformiert treibt der Wind das tote Kind zwischen den Algen sanft dahin wie ein Stück Holz.
Dann springt Lars plötzlich auf und rennt davon. Denn dem Kindermörder ist klar, ich werde jetzt gleich zum Telefon greifen und die Kämpferinnen der Kolonie alarmieren. Bevor ich den Heimweg antrete und Thea die schlimme Nachricht vom Tod ihrer Tochter überbringe, sehe ich noch nach, ob das tote Kind wirklich Marie ist. Sie ist es.
Bericht: Fetthans
Digitales Bild: Fetthans