Rauch: Wohin mit Gottes Klitoris in Pirmasens?

Viel Rauch. Pfarrer Theophil Meisterberg verbrennt Autoreifen in Pirmasens.
Pfarrer Theophil Meisterberg verbrennt Autoreifen.

Sofort als ich um die Ecke bog, stieg mir der Geruch von brennendem Gummi in die Nase. Umso näher ich kam, desto mehr giftete der Rauch. Ich musste husten und hielt mir ein Taschentuch vor. Dann sah ich diesen dichten, braun-schwarzen Rauch als eine hohe Säule über die Teichstraße in Richtung Innenstadt ziehen.

Schließlich kam ich beim Quirlplatz an. Schnell sah ich auch schon die Ursache des mächtigen Qualms. Unweit der Klitoris-Gottes-Skulptur loderte ein Feuer zum Himmel. Und zwar prasselnd mit hohen Flammen.Es brannten ein Mülleimer und ein Autoreifen, der auf dem Boden daneben lag.

Schwarzer Rauch über in der Stadt

Der Wind trieb den beißenden Rauch in meine Richtung. Daher suchte ich hinter einer Hausecke im Windschatten eine Deckung. Nachdem sich der Windhauch gelegt hatte, stieg der Qualm wieder fast senkrecht gen Himmel. Solange versuchte ich den Atem anzuhalten. Aber dann fasste ich mir ein Herz und ging eilenden Schrittes über den Quirlplatz bis zur Klitoris-Gottes-Skulptur hinüber. Dort wurde nun sehr schnell klar, warum an diesem lauen Sommerabend mitten in der Stadt ein derart hässliches Feuer brannte und qualmte.

Es war unser Pfarrer Theophil Meisterberg. Er saß auf einer der goldenen Labien des Kunstwerks. Mit in die Hände gestütztem Kopf beobachtete mit sichtlich fasziniert das filigrane Spiel der Flammen.

In der Kolonie gibt es keine Uhren

Verabredet waren wir an dieser Stelle zu dieser Zeit. Jedoch erwartete ich nicht im Geringsten Theophils Pünktlichkeit. Deswegen rechnete ich damit, dass er mindestens eine Stunde später erscheinen würde und erschien ebenfalls eine Stunde später. Aber Theophil war ausnahmsweise pünktlich. Da wir Kolonistinnen die Eigentümerinnen unserer Zeit sind, benutzen wir keine Uhr. Verspätungen sind aus diesem Grund nicht weiter wichtig. Und Theophil beschwerte sich nicht. Doch vermutlich hatte er sich in der Wartezeit gelangweilt und deswegen das Feuer angezündet.

Jedenfalls blieben uns noch zwei Stunden vom Tageslicht. , um die uns von den Vorstandsfrauen der Pirmasenser Kolonie übertragene Aufgabe in Angriff zu nehmen. Lisa Berg, deren Ehefrau Saskia und Ester Berlin befanden nämlich, dass der Quirlplatz nach den Wünschen der Kolonistinnen umzubauen sei. Sowie die Frauen urteilten, erinnerte der Platz an  den Treppenabsatz eines bürgerlichen Wohnhauses. Diese Art der Aufgeräumtheit auf blank gewienertem Fußboden. Das, die Azalee und der nachgedruckte Paul Klee an der Wand waren gar nicht nach ihrem Geschmack.

Wohin mit der Klitoris-Gottes-Skulptur?

Wohl die Wünsche Gottes im Voraus ahnend, erschuf unser Künstler eine ganz besondere Skulptur. Zumal er ohnehin unserer Gott und der Kolonie eine würdige Gestalt schenken wollte. Lange bevor er den Auftrag bekam. Also formte er die Klitoris-Gottes zum stilisierten Ausdruck seiner tiefen Gottesfurcht. Er schuf den Gläubigen einen Ort der Anbetung, Verehrung und Andacht. Damit es uns leichter fällt, in Stadt und Land die besten Plätze für die Klitoris-Gottes zu finden, baute der Künstler nicht nur das goldene Original.

Neben der Original-Skulptur formte der Künstler aus Kunststoff- und Glasfaserteilen ein leichtes und transportables Modell zum aufblasen. Dieses hatten dienende Männer in der Rheinberger Passage aufgestellt. Doch nun wollten sich die Vorstandsfrauen nicht alleine auf die Urteile von mir und Theophil verlassen. Digitale Fotos von allen Seiten des Platzes mit Gottes Klitoris sollte ich auf den Sensor nehmen und ihnen einen bildlichen Eindruck verschaffen.

Allerdings störten sowohl das Feuer als auch der stinkende, schwarze Rauch meiner Aufgabe. Darum fragte ich Theophil: „Warum brennt es denn hier?“ Der Pfarrer schien meine Frage zunächst zu überhören. Doch nach ein, zwei Minuten antwortete er: „Weil ich zwei alte Autoreifen und den Papierkorb verbrenne!“ Theophil Meisterberg sagte diese Worte so ruhig, als sei es völlig selbstverständlich, an einem heißen Sommerabend auf dem Quirlplatz in Pirmasens an alten Autoreifen und Plastikmüll zu zündeln.

Grillanzünder in der Hosentasche

Dann fuhr Theophil fort: „Vorhin habe ich den Trinkern am Wedebrunnen mein Hartz-IV-Geld gebracht, das ich ja wegen meiner anderweitigen Einnahmen nicht brauche. Auf dem Weg fand ich vier alte Reifen an der Rückwand einer offenen Garage. Weil ich im Sommer immer eine Packung Grillanzünder dabei habe, wenn ich durch die Stadt gehe, beschloss ich, zwei Reifen zu verbrennen. Ich mag den Qualm.“

Weiter mochte ich in dem Augenblick nicht nachfragen. Schließlich ist es seine Sache, wie er seine Umgebung außerhalb der Pirmasenser Kolonie gestaltet. Also nahm ich ein einziges Foto von der Szene auf dem Quirlplatz. Dabei fiel mir der Sexclub auf der anderen Seite auf.

Man sieht dort öfter Männer in Anzügen am Eingang“, meinte der Pfarrer. Tatsächlich. Just in dem Augenblick, als ich den Auslöser drückte, schickte sich ein Mann im schwarzen Anzug an, den Sexclub zu betreten. Spöttisch sagte ich zu Pfarrer Meisterberg: „Schau mal darüber. Ist das ein Kollege von dir, Theophil?“

Unser Pfarrer drehte sich um, sah ebenfalls hinüber und bestätigte: „Ja. Das ist ein evangelischer Kollege. Ich kenne ihn. Er war eben noch kurz bei mir. Er hat seine Predigt für den Sonntag fast fertig geschrieben. Weil er mit seiner Ehefrau unzufrieden ist, nimmt er regelmäßig die Dienste junger Sexarbeiterinnen in Anspruch.“

Theophil Meisterberg über einen geistlichen Kollegen

Dieser Ort ist ungeeignet

Mit dem Rauch und der Aussicht auf den Sexclub schied die Rheinberger Passage als Ort zur Andacht an Gottes Klitoris und des frommen Gottesdienstes ganz sicher aus. Wo Frauen den Männern dienstbar sind, ist Gott fern. Dabei ist es absolut gleichgültig, ob die Männer dafür Geld bezahlen oder nicht. Gott sieht diese Perversion nicht vor. Daher wäre alleine der Anblick dieses Clubs eine Gefahr für die Kinder der Kolonie.

Folglich überließen wir die Reifen, den Mülleimer und die Rheinberger Passage ihrem Schicksal in Feuer und Rauch. Danach hieß ich die männlichen Dienerinnen das Modell von Gottes Klitoris wieder abzubauen. Nunmehr müssen wir einen anderen, besseren Platz für die Klitoris in Pirmasens finden. Unser Scharfschütze versprach, den störenden Sexclub möglichst bald zu beseitigen.

Bericht: Fetthans Pirmasens
Digitales Foto: Fetthans

Fetthans Pirmasens

Fetthans Pirmasens ist Pressesprecher der Pirmasenser Kolonie der Auserwählten. Er vertritt die Kolonie nach außen und entscheidet als Mitglied der Geistlichen Hütte, wer von den zahlreichen Bewerberinnen aus der verworfenen Welt ins Reich Gottes aufgenommen wird.

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