Feste Tritte auf Beton und die schöne Paula
Feste Tritte auf Beton erklingen dort, wo Menschen entschlossen vorwärts schreiten. Entschlossen sind auch diese Männer hier im Neubaugebiet. Darum setzen sie feste Tritte auf die Waschbetonplatten, weil sie zur Arbeit wollen. Immer fester treten, immer weiter vorwärts. So gelangen sie fest entschlossen zum Garagentor. Einer und und noch einer und der Andere danach, getaktet nach dem Zeiger. Der Zeiger zeigt zu den Autos, zu den Rädern, zu den Motoren. Wieder sind es feste Tritte, die sie vorwärts treiben. Jetzt nicht mehr auf den Beton, jetzt treten sie aufs Gaspedal. Vorwärts! Vorwärts!
Aber nein. Die erste Fahrt geht immer entschlossen rückwärts. Weil die Autos aus Garage und Einfahrt müssen. Dort rauchen feist die Auspuffrohre mitten im satten Grün der frisch gepflasterten Gasse. Hier und da ein Pfosten tief in die Erde gerammt, der eine schief. Wohl mag ein fester Tritt zu fest auf das Pedal gefallen sein. Wessen feste Tritte musste der noch junge Pfosten hier erleiden?
Bestimmt war es der große Mann im blauen Anzug, dessen feste Tritte der verbogene Pfosten bremste. Der muss es gewesen sein. Er ist bestimmt der Urheber der jungen Pfosten-Qual. Der blonde Sadist eines vergangen Morgens mit goldener Krawattennadel und Brutalität im Blick. Der vom roten Haus daneben war es nicht, der fette Arsch seines silbernen Wagens zielt auf den anderen Pfosten, den geraden, den ohne Schaden.
Springe zu einem Abschnitt:
Feste Tritte im Gebüsch
Als ich, der Auserwählte Gottes, hinter diesen Büschen stehe und meine Augen Schneisen durch das dichte Geäst zu den Häusern hinüber schlagen, vernehmen meine Ohren diese feste Tritte und plötzlich noch andere dazu. Hinter mir erklingen diese nun auf dem losen Sand, knirschend die Steinchen in die halb feuchte Erde quetschend. Derart schreckhaft von den fiesen Tönen angerufen, drehe ich meinen morgen trägen Körper um.
Ganz kurz wie einen Blitz erkenne ich eine Person, die sich hinter dem inzwischen wohl vertrauten Rhododendron auf mich zu bewegt, aber dann zur Seite springt. Wer ist da? Haben sie mich entdeckt? Kommt die Polizei um mich zu holen? Wieder feste Tritte. Diesmal erschallen sie von der Seite. Es raschelt, die Zweige winken mir schnippisch zu, dann steht er vor mir: Claude Otisse!
„Guten Morgen, Hunde-Tommy!“ Er entbietet mir freundlich seinen Gruß. Claude Otisse um diese Zeit? So früh am Morgen ist dieser Mann schon unterwegs? Ich habe alles erwartet, nur diesen Menschen nicht. Also frage ich: „Was willst du hier, Claude Otisse?“ Sein wissendes, breites Grinsen soll die Antwort sein. Aber das reicht mir nicht. Ich frage noch einmal: “ Sag‘ es mir! Was willst du hier im Neubaugebiet? Haben sie dich geschickt?“
Otisse schaut an sich herunter. Er blickt über seinen fleckigen, blauen Kapuzen-Pullover und die löchrige, nach altem Schweiß stinkende Jeans bis zu den abgetragenen, lilafarbenen Laufschuhen hinab. Dann versucht er wieder feste Tritte, um die Hundekacke von der Sohle zu bekommen. Aber Otisse schafft es nicht. Er steht neben mir im Gebüsch und versagt kläglich in seiner Mühe, sich von seiner Scheiße zu befreien.
„Niemand hat mich geschickt, nicht Ester Berlin, nicht Svetlana Nextgeneration. Nur meine Neugier, die hat mich zu dir gerufen. Wissen will ich. Wissen was du wirklich im Neubaugebiet auf dem Berg Horeb machst“, sagt mir Claude Otisse. So mag er doch die Wahrheit sprechen. Warum auch sollten sie einen Journalisten schicken, um eine Wahrheit zu erfahren, die sie ohnehin schon längst kennen und die er bloß fälschen könnte, so wie er alles fälscht? Nein, diesbezüglich waren meine Befürchtungen wohl ohne Grund, wenn ich es richtig bedenke. Also soll er bleiben und mir zuschauen, der Claude Otisse.
Nun sind die Männer weg. Sie haben die Häuser und ihre Frauen verlassen. Feste Tritte führen sie zur Arbeit. Derweil die Männer im Schweiße ihres Angesichts das Geld fürs traute Heim der Familien erarbeiten, nehme ich heimlich aus dem Gebüsch heraus ihre verschuldeten Häuser und ihre Frauen ins Visier. Die Schneise meines Blicks durch das Geäst ist der Geburtskanal meines gleich beginnenden Tagwerks. Otisse will noch etwas wissen: „Bringst du heute noch den neuen Kochtopf zu Irina?“
„Nein, Otisse, heute nicht. Den Kochtopf habe ich zwar bestellt. Er wurde auch schon versendet, aber die Post hat ihn noch nicht geliefert.“ – „Das bedeutet, Fickbeziehung Irina muss noch auf die Post warten?“ – „So ist es, Otisse. Erst wenn ich feste Tritte des Paketboten vor dem Haupthaus höre, schlägt die Stunde des Geschenks“, beantworte ich Otisses Frage.
Dem Fleißigen ist der Erfolg beschieden
Obwohl noch Mai, ist die Sonne inzwischen brennend über den Pfälzer Wald im Osten der Stadt gestiegen und erwärmt das Gebüsch als wäre es schon Juli. Die Wärme ist für mich ein Zeichen Gottes, nunmehr bald mit meiner eigentlichen Arbeit zu beginnen. Nämlich die junge Frau des großen, blonden Mannes zu verführen, der den Pfosten krumm gefahren hat. Paula soll es heute sein, weil ihr Körper verglichen mit den Nachbarinnen links und rechts noch jene jugendliche Frische und Festigkeit aufweist, die den Muttertieren durch die Geburten nicht mehr zu eigen ist. Otisse, dem ich meine Wahl erkläre, nickt anerkennend und verständnisvoll.
„Ich verstehe dich, mein lieber Hunde-Tommy. Das frische Fleisch von Paula fühlt sich bestimmt besser an als die schlaffe Haut der Muttertiere. Wie willst du sie herumkriegen? Wieder die bewährte Arzt-Nummer?“ – „Ja, genau die Arzt-Masche werde ich jetzt durchziehen. Aber können wir noch gemeinsam beten, bevor ich den VW Tuareg hole und mit der Arbeit beginne?“
Der stinkende Otisse war einverstanden. Wir beteten gemeinsam voller Inbrunst und Dankbarkeit wie es Gottes Auserwählte zu tun pflegen. Otisse fuhr nach Hause in die Pirmasenser Kolonie, wo er sich mit einer Kiste Gottbier in den Streuobstgarten zurück zog. Und ich? Ja, ich kann es nicht anders sagen. Meine Mühen um Paula waren erfolgreich. Schon kurz vor 11 Uhr an diesem wunderbaren Morgen lagen wir in ihren Ehebett und hatten einen tollen Fick. So mühsam war es nicht für mich, ich hatte richtigen Spaß an Paulas jungem Körper.
Es versteht sich, heimlich habe ich wie immer Fotos und ein kleines Video aufgenommen. Damit werde ich nach ein paar weiteren Besuchen Paulas Ehemann beglücken. Ich werde sehen, wie lange das junge Paar mit den vielen Schulden noch beieinander lebt im Angesicht des fiesen Betrugs der jungen Frau.
Ich glaube, es wird ein schöner Sommer für die Auserwählten der Pirmasenser Kolonie und ganz besonders für mich. Denn wenn die Sonne scheint, darf ich frei und ungehemmt feste Tritte auf Beton im Neubaugebiet beobachten und meine Freude an Gottes Auftrag in der Welt der Verworfenen haben.
Bericht aus Pirmasens: Dr.Thomas Busenberger